Im Bergwerk Graf Wittekind: Museum live

Museen haben sich im Laufe der letzten Jahre deutlich verändert. So kann man heute wesentlich mehr teilnehmen und über Video und Ton Berichte wahrnehmen. Das stille Versinken in einem Bild oder Grübeln über Schaubildern wird zugunsten von Mitmachen und Erlebnistouren spannender.

Die Darstellung des Bergbauteils im Deutschen Museum in München hatte mich schon beeindruckt und war beachtlich realistisch angelegt, sowie das Bergbaumuseum. Auch die Tour durch die Mary Rose, das 1545 gesunkene Flagschiff Henry’s VIII. im Hafen von Portsmouth gab gute Eindrücke vom Leben an Bord.

Jedoch waren alle bisherigen Besuche und Touren geprägt von einem distanzierten Zuschauen und entrückt sein. Man fühlte sich als Geist der Zukunft, entstofflicht und entfernt sah man durch ein Fenster in die Vergangenheit.

Nicht so im Besucherbergwerk Graf Wittekind im Dortmunder Süden, nahe der historischen Syburg.

Ich mühe mich auf allen Vieren bergauf, versuche mein Bein irgendwo zu verkanten, rutsche auf feuchtem Untergrund ab und stoße zum mindestens 50. Mal mit dem Helm ans Holz. Wie mein Vordermann. Eine Ahnung glimmt auf welche Flüche hier unten ausgesprochen wurden.

Unser Guide Thomas erwähnt, dass man an den seitlichen Pfosten sieht wo über einem… Donk!

 

 

Erstaunlich fand ich, dass die befürchtete Platzangst oder Panik nicht eine Sekunde aufgetreten ist, obwohl das tief im Berg in einer kaum kriechbaren Strecke eigentlich hätte passieren müssen. Es mag an der immer ruhigen und kompetenten und vor allem ehrlichen Führung gelegen haben.

 

 

 

 

 

Ganz zu schweigen vom Schwingen der Hacke. Ich liege seitwärts bergauf, schräg über mir das Flöz. Erst einmal festen Halt verschaffen. Keine Höhe, kein Platz. Ich will ausholen, sehe nichts. Helmlampe nachjustieren. Nächster Versuch. Da tut sich nicht viel. Also stärker. Es bröselt ein wenig, die Kohle rutscht auf mich drauf. Wie bekamen die eigentlich die Kohle von hier weg?

Die Entdeckung, dass auf der Strecke eine Rille, in der Schubkarren geschoben wurden, darauf hinweist, dass eine Verbindung zwischen einem anderen Bereich existieren musste und der Jubel als dies entdeckt wurde. Geschichten die in einem Museum kaum aufgefallen wären. Ich aber sitze in einem matschigen Tunnel fast im Dunkeln, nur das fokussierte Licht meiner Helmlampe irrt umher, so wie das der anderen beiden und höre unserem Guide zu.

Wie schiebt man eigentlich eine Schubkarre wenn die Gangart irgendwo zwischen gebückt und kriechen liegt?

Die Begeisterung und der Enthusiasmus der Truppe hier ist unglaublich. Sie berichten mit einem Elan über ein gefundenes Stück Holz und ich werde Teil der Aufregung. Wie kam es im 15. Jahrhundert hier in den Berg, wo es sich dem Alter nach eigentlich nicht befinden dürfte? Ich stelle selbst Vermutungen an. Kam es von der Syburg? Warum war es so gut erhalten?

 

 

Wir ziehen an einem Seil, etwas Schweres schrammt über uns durch den Gang, die Umlenkung blockiert, der Guide flucht. Ich bin froh über die Pause. Keiner von uns ist diese Art der Arbeit auch nur im Ansatz gewohnt, hätte sie über 8 Stunden und mehr leisten können.

 

 

 

 

 

Wir rutschen den Tunnel bergab die Warnung im Kopf: Immer am Seil festhalten, Vorsicht unten nicht mit dem Bein einfädeln. Da wäre ich glaube ich nach den ersten Metern von selbst drauf gekommen, so schnell rutsche ich weg und stecke trotzdem kurz mit dem Fuss fest. Es geht abwärts und nun ist auch jedem klar warum das Arschleder fest über dem Knie gebunden sein sollte und vor allem wie praktisch es ist.

Wir verlassen Graf Wittekind. Drei Stunden sollen das gewesen sein? Niemals, mir kam es vor wie 20 Minuten. Höchstens. Draußen nur strahlende Gesichter. Das war Museum ERLEBEN!

Vielen Dank an die Truppe von Graf Wittekind! Ihr seid großartig! GLÜCKAUF!

Besucherbergwerk Graf Wittekind, Dortmund – Syburg